Serie: Inside Future Leadership //
Was als Start-up im elterlichen Keller begann, hat sich innerhalb von wenigen Jahren zu einem der führenden Anbieter cloudbasierter Buchhaltungs- und Finanzsoftware im deutschsprachigen Raum entwickelt. Das sevDesk-Gründerduo Fabian Silberer und Marco Reinbold bieten mit ihrer Software eine smarte Buchhaltungslösung für Freiberufler und Selbständige an. Mittlerweile wird ihr Unternehmen sevDesk bereits als die neue deutsche Unicorn-Hoffnung im B2B-SaaS-Umfeld gehandelt. Ein Gespräch über Leadership im Hypergrowth, Einhörner an ungewöhnlichen Orten, und die Frage, wie du auch als Führungskraft „machst, was du liebst“.
Hallo Fabian und Marco, ihr habt sevDesk 2013 als Studenten gegründet. War euch da schon klar, dass ihr den Grundstein für ein potenzielles Einhorn legen wolltet?
Marco: Klar, wir wollten uns schon immer mit Buchhaltung und Umsatzsteuervoranmeldung beschäftigen – also nicht wirklich. Aber als wir im Wirtschaftsinformatik-Studium anfingen Software zu bauen, war Buchhaltung etwas, bei dem wir die echte Chance gesehen haben ein Problem zu lösen. Und zwar eins, das uns tatsächlich schon seit der Kindheit begleitet hat. Wir sind beide Kinder selbstständiger Eltern und konnten früh miterleben, wie unsere Väter ihre Wochenenden der Buchhaltung opfern mussten. Wir wollten eine bessere Alternative zu den bestehenden Produkten am Markt bauen – für Unternehmer und Unternehmerinnen. Mittlerweile ist aus dem Software-Produkt ein Unternehmen auf dem Weg zur führenden Plattform für Buchhaltung und Finanzen geworden.
Fabian: Wir haben dann schnell gesehen, dass die Idee unheimlich starke Möglichkeiten bietet. Es gibt allein in Deutschland mehr als sechs Millionen Selbstständige und sicher hat sich keiner von denen selbstständig gemacht, weil er sich so auf die Buchhaltung freut. Daher kommt auch ursprünglich unser Kampagnen-Slogan „Liebe, was du machst. Nicht, was du machen musst.“ Für Verbraucher gibt es dank gutem UX und modernem Product Management mittlerweile so viele einfach zu bedienende digitale Lösungen für komplexe Vorgänge, gerade wenn es um Finanzen geht. Wir haben zwar formal eine B2B-Software, aber unsere große Stärke ist, dass wir von Anfang an die Menschen hinter dem Business, die Unternehmer:innen, gesehen und auch das Produkt so gedacht und entwickelt haben. Das ist der Grundstein für unser erfolgreiches Wachstum und das Unicorn-Potenzial.
Euer Unternehmen hat mittlerweile über 200 Mitarbeiter und 2021 eine Finanzierungsrunde über 50 Mio. Euro abgeschlossen. Das heißt, auch ihr musstet als Gründer in eure C-Level-Rollen hineinwachsen. Was sind eure Erfahrungen aus diesem Prozess?
Fabian: Eine der wichtigsten Erkenntnisse war, dass wir als Führungsspitze nicht mehr alles selbst machen können. Am Anfang steckst du noch in allem drin, aber auch wir mussten lernen zu delegieren, um uns nicht zu verzetteln. Gleichzeitig ist es wunderbar zu sehen, wie das Team, das wir aufgebaut haben, den Ball aufnimmt und mit uns wächst, das war uns immer wichtig. Mittlerweile sind wir an dem Punkt, an dem wir unsere Führungsebene erweitern und klare Ressorts schaffen – auch das ist eine Umstellung. Uns hat es sehr geholfen, gemeinsam zu definieren, was uns in einer Führungspersönlichkeit wichtig ist und was unser Führungsversprechen sein soll. Das kann ich nur jedem Leadership-Team empfehlen. Wir haben mit Oliver Kunath schon seit 2019 einen tollen CFO an Bord, der sowohl Startup-Erfahrung von etruvian als auch Corporate-Erfahrung von Holtzbrink und aus der Wirtschaftsprüfung mitbringt. Und mit Gitta Blatt, dir ihr uns ja vorgestellt habt, haben wir gerade eine in der Digitalwirtschaft sehr versierte und erfahrene Chief People and Culture Officer gewonnen, die bereits bei Dentsu und Sky Deutschland internationales Wachstum aus der Talentperspektive gestaltet hat. 2022 wollen wir uns auf erster und zweiter Führungsebene noch weiter verstärken.
Marco: Das Thema Teamaufbau treibt mich auf allen Ebenen um, denn gerade im Product und Tech-Bereich merken wir die Knappheit an Fach- und Führungskräften natürlich auch. Gleichzeitig ist uns aber die kulturelle Komponente extrem wichtig. Der Spagat wird mit weiterem Wachstum natürlich größer, aber wir wollen „gesund“ wachsen und mit Menschen arbeiten, die unsere Werte teilen. Dafür braucht es bei uns keine Ego-Shooter, sondern Führungskräfte und Mitarbeiter:innen, die dieses Wachstum gestalten wollen, mit Leidenschaft für die Sache und mit Empathie füreinander.
Welche Rolle spielen dabei neue Standorte? Eure Wurzeln liegen ja nicht in den üblichen Startup-Hochburgen und Unicorn-Ställen, sondern im baden-württembergischen Offenburg…
Marco: Es war uns tatsächlich wichtig, zunächst in unserer Heimatregion etwas aufzubauen und ich bin unheimlich stolz darauf, dass wir in Offenburg einen modernen, digitalen Mittelständler geschaffen haben. Für uns müssen sich Ambition und Bodenständigkeit nicht ausschließen – im Gegenteil.
Fabian: Gleichzeitig bauen wir einen internationalen Player und sind in der Expansion jetzt schon so weit, dass wir über weitere Standorte sprechen, erst kürzlich ist Wien hinzugekommen und wir schauen uns weitere Städte wie Berlin, Hamburg oder auch Leipzig an. Darüber hinaus haben die vergangenen Jahre des Remote-Arbeitens natürlich neue Möglichkeiten eröffnet, sich als Arbeitgeber auch mit Pendeloptionen und anderen flexiblen Modellen zu positionieren. Gitta zum Beispiel arbeitet remote von Hamburg aus und kommt regelmäßig nach Offenburg oder zu Offsites. Es ist spannend zu sehen, wie sich durch das Wachstum und die neuen Gesichter auch unsere Kultur weiterentwickelt.
A propos neue Gesichter: Wenn ihr anderen Unternehmer:innen etwas über Talent Management in der Skalierungsphase sagen könntet, was ihr selbst gerne am Anfang gewusst hättet, was wäre das?
Fabian: Ich habe definitiv gelernt, dass man Wachstum auch personalseitig strategisch planen muss – und du kannst gar nicht früh genug damit anfangen. Als Gründer will man am Anfang natürlich vor allem die Finanzierung sichern, aber die Konkurrenz um die Talente beginnt eben nicht erst nach dem Ende der Finanzierungsrunde. Vor allem, wenn man wie wir große Ziele und relevante Themen hat und die Expansion zu einer europäischen Finanzplattform vorbereitet. Dafür brauchen wir schon heute die richtigen Experten und Führungskräfte im Team. Damit das gelingt, investieren Marco und ich in das Recruiting aktuell mindestens 50% Prozent unserer Zeit.
Euer Kampagnenslogan „Liebe, was du machst“ ist auch für die Zukunft von Talent Management ein relevanter Slogan. Wie wird man bei euch eine Führungspersönlichkeit, die ihren Job liebt?
Marco: Man muss bei uns Lust darauf haben, wirklich volle Verantwortung für ein Thema zu übernehmen und es voranzutreiben – aber nicht übers Ego, sondern mit Bodenständigkeit und einem klaren Blick für die Werte und das Führungsversprechen, das wir vertreten. Und es geht nichts ohne unser Team, daher ist Wertschätzung auf Augenhöhe bei uns die oberste Führungsmaßgabe. Wer es liebt, so zu arbeiten und zu führen, der hat bei uns alle Freiheiten und genießt unser volles Vertrauen.
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