Die digitale Transformation war in der Baubranche lange scheinbar kaum ein Thema – zu gut lief es während der vergangenen Boomjahre ja schon mit dem alten Kerngeschäft. Doch seit rund 2 Jahren kommt allmählich Bewegung in diesen riesigen und eigentlich stark konsolidierten Markt. Im jährlichen Digitalisierungsindex der Telekom gehörte die deutsche Bauindustrie 2018 noch zu den Schlusslichtern unter den Branchen, doch Frühindikatoren für einen baldigen Aufstieg der digitalen Innovationen in dem Segment zeichneten sich da bereits ab. 

Doch um von dem ConTech-Boom zu profitieren, brauchen Traditionsunternehmen neue Strategien, um von dem Boom zu profitieren – und sie brauchen neue Management- und Führungskulturen, um am ohnehin schon engen Kandidatenmarkt Top-Leute für sich zu gewinnen. Beide Aspekte schauen wir uns hier an, doch zunächst mal ein paar Zahlen.         

Die Exits  

Mit 13 Firmenübernahmen und 3 Börsengängen war 2018 ein Rekordjahr für Exits im ConTech (kurz für Construction Technology) Bereich. Auch die auf Digitalisierung spezialisierten Personalberater verzeichnen seither einen Anstieg der Anfragen aus dem Baugewerbe. 

Die Investments

Dieser Gemengelage macht die Bauindustrie mit Blick auf die digitale Transformation und Innovation gleich doppelt interessant: Das Geld steht  zwar bereit, VCs durchkämmen den weltweit etwa €1,3 Billionen schweren Markt nach den nächsten Unicorns. Dabei ist die ConTech-Landschaft ist im Gegensatz zu ihrer Old-Economy-Schwester mit unzähligen Early-Stage-Startups noch entsprechend weitläufig. Von 2015 bis Ende 2019 flossen laut CB Insights $4.8 Mrd. in ConTech-Startups aus diversen Venture Capital Firmen, 40% der Summe flossen allein im Rekord-Exit-Jahr 2018. 2019 nahmen laut den Daten von Dealshare dagegen die Series A & B Investments deutlich zu – ein erstes Zeichen von Marktreife.     

Die Technologien

Zu den bereits stärker etablierten Geschäftsmodellen zählen vor allem SaaS-Lösungen für die Prozessdigitalisierung im Bau, etwa mittels Building Information Modeling (kurz BIM). 

In Deutschland ist der BIM-Software-Anbieter Nemetschek immerhin bereits MDAX notiert, während unter Venture-backed Startups Karterra zu einiger Prominenz gelangt ist. Der kalifornische Player geht bereits einen Schritt weiter und bietet neben einer Plattform-Lösung auch eigene, neuartige Baustoffe und Designs an. 

Das Ziel ist bei Karterra (in dem allein $1,2 Mrd. an VC und Private Equity stecken), ein vertikal komplett integriertes Bauunternehmen zu werden. 

  

Strategien für Corporate Innovation in der Baubranche 

Nur wenige Unternehmen in der traditionellen Bauindustrie nutzen die Innovationskraft, die aus der ConTech Branche kommt derzeit für sich. Ein positives Beispiel ist Caterpillar, die über Caterpillar Ventures schon einige Investments getätigt haben, und dem Kerngeschäft geholfen haben, mit jungen ConTech Unternehmen Partnerschaften zu schließen. Caterpillar zeigt, wie eine Digitalstrategie für etablierte Unternehmen aussehen kann, um nachhaltig am Wachstum in dem Bereich teilzuhaben. Doch wie kann man sich als traditionelles Unternehmen einer solchen Strategie nähern? 

  1. Trend Analysis: Definieren Sie auf Vorstandsebene eine gemeinsame Position in Ihrem Unternehmen, wie sich die Industrie verändern wird und eine gemeinsame Vision, wie das Unternehmen Teil dieser Veränderung sein kann. Stellen Sie das Buy-In über die gesamte Entscheiderebene hinweg sicher – es ist die wichtigste Stellschraube einer erfolgreichen Transformation.  
  2. Digitale Roadmap: Erarbeiten Sie darauf basierend eine Strategie, wie man diese Vision in die Wirklichkeit umsetzen kann. 
  3. Bauen Sie ein Portfolio aus digitalen Aktivitäten: Da der ConTech-Markt noch so neu ist erhöht ein Portfolio langfristig die Chance auf Erfolg. Die Aktivitäten reichen von Investitionen und M&A, bis zu internen Entwicklung von Konzepten und Geschäftsmodellen. Oft sind externe Partnerschaften auch ein guter Weg, neue Geschäftsmodelle schnell und kosteneffizient zu validieren und zu skalieren.   

Erfolgreiches Management in der Transformation

Die digitale Strategie lässt sich jedoch erst dann umsetzen, wenn sie unternehmensintern ins richtigen (Team-)Management und in eine passende Organisationsform übersetzt werden. Dazu gehören die folgenden Bestandteile: 

  1. Digitale Führungskultur: Verankern Sie digitale Strategie im Vorstand. Das heißt, jedes Vorstandsmitglied muss eine Idee davon entwickeln, wie die Transformation die einzelnen Ressort betrifft und sich entsprechendes Technologie- und Digitalwissen aneignen. (Das gilt übrigens auch dann, wenn das C-Level durch einen Chief Digital Officer erweitert wird!) Zudem sollten Sie die durchschlagende Wirkung von gemeinsamen Führungsprinzipien für die Transformation nicht unterschätzen – die macht sich vor allem darin bemerkbar, dass neue Mitarbeiter schneller eigenverantwortlich arbeiten und länger im Unternehmen bleiben.     
  2. Orte für Innovation: Der Erfolg digitaler Initiativen steht und fällt damit, wie sie im Unternehmen untergebracht sind, daher gehört ein Soll-Organigramm zur Grundausstattung jeder digitalen Roadmap. Je größer das Portfolio der ConTech-Aktivitäten zu Beginn desto wichtiger ist es, einen langfristigen Plan dafür zu haben, auch welche Struktur man langfristig hinarbeitet.        
  3. Recruiting Digital Talent: Building Information Modelling, Internet of Things, Virtual Reality – Die Konkurrenz um Führungskräfte und Experten mit diesem Spezialwissen ist am Markt aktuell groß, entsprechend sieht es bei den Gehältern sowie der Verfügbarkeit dieser Kandidaten aus. Schauen Sie bei Kandidaten (sowohl internen als auch externen) daher vor allem auf das Weiterbildungspotenzial als Hebel für Ihre Talentstrategie.  

 

Co-Autor:  

Hendrik Jandel, Founders Intelligence

Founders Intelligence ist eine von Unternehmern und Gründern geführte digitale Strategieberatung. Wir helfen Unternehmen, vom Wachstum in der Tech-Branche zu profitieren und an der Innovationskraft von Startups teilzuhaben. Sie sind Teil von Founders Forum, einem global führenden Netzwerk von Gründern, VCs und Innovatoren. Zu ihren Kunden gehören Fannie Mae, Henkel, Unilever, Visa, Sky, BP und viele andere.